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Die anabole Wirkung von Leucin

Die anabole Wirkung von Leucin

Der Begriff Proteinsynthese ist ein Begriff, dem man häufig begegnen wird, wenn man Artikel liest, die sich mit dem Aufbau von Muskeln befassen. Doch was genau ist die Proteinsynthese? Einfach ausgedrückt beschreibt der Begriff Proteinsynthese den Aufbau von neuen Körperproteinen, zu denen auch das Muskelprotein gehört.

Wenn dieser Aufbau von Muskelprotein in größerem Umfang geschieht, spricht man auch von einer Hypertrophie oder einem Muskelwachstum und dies ist der Prozess, durch den unsere Muskeln größer werden. Dieser Artikel beschäftigt sich damit, inwiefern die Aminosäure Leucin die Skelettmuskelproteinsynthese nach dem Training reguliert.

 

Welche Rolle spielt das Training?

Unterschiedliche Formen des Trainings beeinflussen den Muskelproteinumsatz auf unterschiedliche Art und Weise. Ausdauertraining beeinflusst den Muskelproteinumsatz durch eine Reduzierung der Rate der Skelettmuskelproteinsynthese und eine Erhöhung der Rate des Protein- bzw. Muskelabbaus.

Ein Training mit Gewichten, das auch als Widerstandstraining bezeichnet wird, ist bezüglich der Auswirkung auf den Proteinumsatz der Muskeln im Vergleich zu anderen Trainingsformen einzigartig, da eine Trainingseinheit mit Gewichten sowohl die Skelettmuskelproteinsyntheserate und gleichzeitig auch die Rate des Abbaus von Skelettmuskelprotein erhöht. Die Gesamtwirkung ist sowohl beim Ausdauertraining als auch beim Widerstandstraining eine negative Nettoproteinbilanz bzw. ein Muskelabbau.

Auf kurze Sicht resultiert ein Training also in beiden Fällen in einem katabolen Zustand. Auf lange Sicht wird ein Widerstandstraining jedoch mit der Aufrechterhaltung oder einer Erhöhung der Muskelmasse in Verbindung gebracht.

 

Die Rolle von Leucin

Es konnte gezeigt werden, dass für eine positive Proteinbilanz nach dem Training Protein und insbesondere die Aminosäure L-Leucin konsumiert werden muss und dass die Proteinbilanz so lange negativ bleiben wird, bis Protein und Leucin konsumiert werden.

Leucin ist eine der drei verzweigtkettigen Aminosäuren, die auch unter der Bezeichnung BCAAs bekannt sind. Leucin ist bezüglich seiner Fähigkeit, die Skelettmuskelproteinsynthese anzuregen, einzigartig. In der Tat besitzt Leucin eine um den Faktor 10 größere Auswirkung auf die Proteinsynthese als jede andere Aminosäure.

Doch wie genau regt Leucin die Skelettmuskelproteinsynthese an? Um diese zu verstehen, muss man zuerst den Pfadweg kennenlernen, den Leucin aktiviert. Es konnte gezeigt werden, dass Leucin einen der wichtigsten Komplexe des anabolen Pfadwegs aktiviert, der als Mammalian Target of Rapamycin (mTOR) bekannt ist.

mTor ist ein Proteinsyntheseregulator, ein Energiesensor und ein Nährstoffsensor für die Verfügbarkeit von Aminosäuren – insbesondere der Aminosäure Leucin. mTor wird aktiviert, wenn die ATP Spiegel hoch sind und wird blockiert, wenn die ATP Spiegel sinken. Die Aktivierung von mTOR ist für die Hypertrophie der Skelettmuskulatur von entscheidender Bedeutung.

Man kann sich mTOR als den Aminosäuresensor der Zelle vorstellen, der empfindlich auf höhere Leucin Konzentrationen reagiert. Sinkende Leucin Konzentrationen signalisieren mTOR, dass nicht genug Nahrungsprotein vorhanden ist, um neues Skelettmuskelprotein zu synthetisiere, was zur Folge hat, dass mTOR deaktiviert wird. Wenn die Leucin Konzentrationen steigen, dann signalisiert dies mTOR, dass ausreichend Nahrungsprotein für die Synthese von Skelettmuskelprotein vorhanden ist und mTOR wird aktiviert.

 

Die Aktivierung von mTOR

Auch wenn die Wissenschaft noch nicht weiß, wie genau Leucin mTOR aktiviert, konnte gezeigt werden, dass mTOR empfindlich auf die Leucin Konzentration und die ATP Spiegel reagiert. Sinkende ATP Spiegel können genau wie niedrige Leucin Konzentrationen die Aktivierung von mTOR reduzieren. Eine Aktivierung von mTOR steht mit einer Erhöhung der Proteinsyntheserate in enger Verbindung. mTor erhöht die Proteinsyntheserate über zwei unterschiedliche Mechanismen:

 

Mechanismus Nummer 1

mTOR phosphoryliert ein Bindungsprotein namens 4E-BP1 und deaktiviert dieses. Wenn 4E-BP1 aktiviert wird, bindet es ein Protein mit der Bezeichnung eIF4E und verhindert, dass sich dieses mit einem anderen Protein namens eIF4G verbindet, um den eIF4E*eIF4G Komplex zu bilden. Die Bildung dieses Komplexes ist für die Fortsetzung der Proteinsynthese ein kritischer Faktor

Kurz gesagt sorgt mTOR durch eine Deaktivierung von 4E-BP1 dafür, dass der eIF4E*eIF4G Komplex gebildet werden kann und hierdurch die Proteinsynthese fortgesetzt wird.

 

Mechanismus Nummer 2

mTOR aktiviert ein Protein namens Ribosomales Protein S6 (alias rpS6 oder p70 S6). rpS6 erhöht die Synthese von Komponenten des Proteinsynthesepfadweges. mTOR erhöht also nicht nur die Proteinsyntheserate, sonder erhöht auch die Kapazität für die Proteinsynthese.

Ein Analogon, das dabei helfen kann, diesen Mechanismus besser zu verstehen, wäre der Vergleich mit einer Baufirma, die einen neuen Wolkenkratzer baut. Die Baufirma wäre mTOR und der Wolkenkratzer das Protein, das man zu synthetisieren versucht. Die Baumaschinen, die man für den Bau des Wolkenkratzers benötigt, wären die Komponenten des Proteinsynthesepfadweges und Leucin wäre das Geld, das benötigt wird, um das Projekt zu finanzieren.

Wenn genug Geld zur Verfügung steht (steigende Leucin Konzentrationen), dann kann die Baufirma nicht nur damit beginnen, den Wolkekratzer zu bauen (Muskelprotein zu synthetisieren), sondern auch mehr Maschinen kaufen (Erhöhung der Menge der Komponenten des Proteinsynthesepfadweges), um die Kapazität und die Geschwindigkeit, mit der der Wolkenkratzer gebaut wird (das Muskelprotein, das synthetisiert wird) zu steigern.

Leucin steigert die Proteinsyntheserate auch durch eine Erhöhung der Verfügbarkeit von eIF4G für die Bildung des eIF4E*eIF4G Komplexes durch eine Steigerung der Phosphorylierung von eIF4G.

 

Die Auswirkungen einer Leucin Supplementation in der Praxis

Nachdem wir nun die trockene Wissenschaft hinter uns gebracht haben, stellt sich die Frage, was diese uns sagt. Ist es von Vorteil, wenn man zusätzliches Leucin supplementiert, oder reicht eine proteinreiche Ernährung aus, um genügend Leucin zu liefern? Es gibt einige Hinweise darauf, dass supplementiertes Leucin selbst bei ausreichender Proteinzufuhr Vorzüge besitzen kann.

Vor kurzem haben Wissenschaftler ein Experiment durchgeführt, in dessen Verlauf Probanden ein 45 Minuten andauerndes Widerstandstraining durchführten und danach mit Kohlenhydraten, Kohlenhydraten & 30 Gramm Protein oder Kohlenhydraten & Protein & Leucin supplementierten.

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass das Kohlenhydrat/Protein/Leucin Supplement den Proteinabbau stärker reduzierte und die Skelettmuskelproteinsynthese stärker erhöhte, als dies beim Kohlenhydrat/Protein Supplement und beim reinen Kohlenhydrat Supplement der Fall war.

Eine mögliche Erklärung für diese Resultate könnte in der rapiden Erhöhung der Plasma Leucinspiegel bestehen, die mit Hilfe des Leucin Supplements erreicht werden kann. Vollständige Proteine verweilen länger im Magen und im Darm, bevor die enthaltenen Aminosäuren in den Blutkreislauf gelangen. Dies hat zur Folge, dass die Leucin Plasmaspiegel langsamer steigen und ein Plateau erreichen.

Selbst bei schnellverdaulichem Protein wie Wheyprotein kann es Stunden dauern, bis das enthaltene Leucin aus dem Protein freigesetzt wird und in den Blutkreislauf gelangt. Aus diesem Grund werden die Leucin Plasmaspiegel niemals hohe Spitzenwerte erreichen können.

Ein isoliertes Leucin Supplement wird hingegen schnell absorbiert und gelangt schnell in den Blutkreislauf, wodurch es zu einem starken Anstieg der Plasma Leucinspiegel und einer dramatischen Erhöhung der intrazellularen Leucin Konzentrationen kommt, wodurch die weiter oben beschriebenen anabolen Pfadwege aktiviert werden.

 

Fazit

Nach der Lektüre dieses Artikels sollte es jedem klar geworden sein, dass Leucin die Proteinsynthese über eine Erhöhung der Aktivität von mTOR und die Phosphorylierung von eIF4G steigert.

Leucin besitzt auf die Proteinsynthese eine weitaus stärkere anregende Wirkung als jede andere Aminosäure und es konnte gezeigt werden, dass die Proteinsynthese auf eine relativ geringe Menge an Leucin ähnlich stark wie in Reaktion auf eine vollwertige Proteinmahlzeit reagiert.

Es konnte weiterhin gezeigt werden, dass die Zugabe von Leucin zu einer proteinreichen Mahlzeit die Rate der Skelettmuskelproteinsynthese weiter steigert.

Es sind jedoch noch weitere Untersuchungen nötig, um zu zeigen, ob Sportler bezüglich einer zusätzlichen Erhöhung der Muskelmasse langfristig von einer Supplementation mit Leucin zusätzlich zu einer proteinreichen Mahlzeit profitieren können.

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