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Sarkoplasmatische Hypertrophie: die Bros lagen wahrscheinlich richtig Teil 2

Sarkoplasmatische Hypertrophie: die Bros lagen wahrscheinlich richtig Teil 2

Nachdem wir uns im ersten Teil dieses Artikels einen Überblick über die Frage, was eine sarkoplasmatische Hypertrophie ist, geschaffen haben, werden wir uns im vorliegenden zweiten Teil dieses Artikels mit einer Reihe von Humanstudien beschäftigen, die weitere Aspekte der Muskelhypertrophie betrachten.

Warum gibt es so wenige aussagekräftige Studien zum Thema?

An diesem Punkt werden sich die wissenschaftlich gewandteren Leser wahrscheinlich folgendes fragen: „Wenn man diese Art von biochemischen Analysen damals in den Sechzigern durchführen konnte, wie kann es dann sein, dass wir heute im 21. Jahrhundert immer noch keine klare Antwort darauf haben, wie sich die sarkoplasmatische Hypertrophie beim Menschen verhält?“

Dies ist eine gute Frage und es gibt zwei Hauptgründe, die bereits im erwähnten Paper angesprochen wurden:

1. Die notwendige Größe der Proben.

Aufgrund des Typs der biochemischen Analyse werden recht große Gewebeproben benötigt, da die Fehlerrate umso größer ausfällt, je kleiner die Gewebebeproben sind. Verbesserte Labortechniken könnten dieses Problem im Lauf der letzten 50 Jahre gelöst haben, die seit der Veröffentlichung dieses Papers vergangen sind, bei dem ein Gramm Muskelgewebe für jede Analyse entnommen werden musste.

Ein Gramm Muskelgewebe entspricht grob einem Kubikzentimeter und ich glaube nicht, dass sich viele Freiwillige finden würden, die es Wissenschaftlern erlauben würden, solch große Mengen an Muskelgewebe zu entnehmen.

2. Mikroskopische Analysen sind nicht ausreichend

Histologische Techniken – was im Grunde genommen nichts anderes als eine Analyse unter dem Mikroskop ist – werden nicht dazu in der Lage sein, akkurat Veränderungen des Verhältnisses von sarkoplasmatischer vs. myofibrillarer Proteindichte zu zeigen. Die Autoren sagten hierzu Folgendes:

„Es wäre machbar solche Untersuchungen mit Hilfe histologischer Methoden auszuführen, aber dies hätte zwei entscheidende Nachteile:

  • Fixierung und Einfärbung der Proben wird von einer Schrumpfung von Sektionen der Probe begleitet, die eine ausreichend präzise Bestimmung der Proportionen von Sarkoplasma und Myofilamenten im Gesamtzellvolumen unmöglich machen würde
  • Die Myofilamente bilden Myofibrillen, welche in den Sektionen, die durch histologische Methoden untersucht werden, nicht klar vom Sarkoplasma getrennt sind.

 

Elektronenmikroskopische Untersuchungen haben gezeigt, dass Myofibrillen kleine Hüllen besitzen. Es ist darüber hinaus bekannt, dass unterschiedliche chemische Bestandteile des Sarkoplasmas wie Kreatinphosphat, Adenosin Triphosphat und mitochondrielle Produkte dazu in der Lage sind, frei in die Myofibrillen hinein und aus den Myofibrillen heraus zu gelangen. Auch große Moleküle wie z.B. Inulin mit einem Molekulargewicht von 6.000 können in die Myofibrillen gelangen.

Es ist somit schwer zu sagen, ob auch die größeren Sarkoplasma Proteine in die Myofibrillen gelangen können, doch zumindest aus theoretischer Sicht ist Platz für diese zwischen den Myofilamenten, in denen die I-Bänder durch weite Räume getrennt sind, wie anhand reiner mangelnden Verfärbung mit Osmium beurteilt werden kann.

Somit scheinen andere Methoden als histologische Methoden für eine Untersuchung der Beziehung zwischen sarkoplasmatischem Volumen und myofilamentalem Volumen zu bevorzugen.“

Wenn wir im Hinterkopf behalten, dass wir basierend auf direkten Hinweisen wahrscheinlich keine brauchbare Antwort bekommen werden, müssen wir uns indirekten Hinweisen zuwenden, welche aus zwei anderen Quellen stammen: Messungen der intramuskulären Wasserkonzentrationen und Untersuchungen funktionaler Charakteristika individueller Muskelfasern.

Meines Wissens gibt es lediglich zwei Studien, welche die Veränderungen der intramuskulären Wassermenge nach einem Krafttraining untersucht haben.

Die erste dieser beiden Studien, die im Jahr 2014 veröffentlicht wurde, konnte eine Erhöhung der intramuskulären Wasserkonzentrationen beobachten, welche dazu führen könnte, dass man glauben könnte, dass es zu einer sarkoplasmatischen Hypertrophie kam (9). Ich bin mir jedoch nicht sicher, dass man hierauf sein Geld verwetten könnte.

Das größte Problem bestand bei dieser Studie ganz einfach darin, dass die Studienteilnehmer im Verlauf der Studie von vorne herein nicht besonders viel Muskelmasse aufgebaut haben. Die Männer hatten 1,3 Kilo Muskeln und die Frauen etwa 0,8 Kilo Muskeln aufgebaut. Dies war ein 12 Wochen Studie mit untrainierten Probanden.

Mit anderen Worten ausgedrückt war die Menge an Muskelmasse, die die Studienteilnehmer aufgebaut hatten so gering – was insbesondere unter Berücksichtigung der Umstände gilt -, dass ich nicht glaube, dass wir wirklich brauchbare Informationen aus dieser Studie ziehen können. Jede Menge an sarkoplasmatischer Hypertrophie wäre notwendigerweise trivial, da die Gesamtmenge an aufgebauter Muskelmasse trivial war.

Die zweite Studie ist eine klassische Studie aus dem Jahr 1982. Die Wissenschaftler trainierten Probanden für sechs Monate und untersuchten ihre Muskeln vor und nach dem Training und verglichen die Muskeln der Probanden mit denen von Elite Bodybuildern und Powerliftern (10). Die Powerlifter und Bodybuilder wurden zusammengeworfen, weshalb es unmöglich ist, eine Unterscheidung zwischen diesen beiden Gruppen von Sportlern zu treffen, doch diese gibt uns trotzdem einen Referenzpunkt für Menschen die hochtrainiert sind.

Nach sechs Monaten des Trainings hatten die Probanden eine Tonne an Muskeln aufgebaut. In der Tat hatte die Größe ihrer individuellen Muskelnfasern fast die Muskelfasergröße der Elitesportler erreicht, was bedeutet, dass ein mangelndes Muskelwachstum kein Problem der Studie darstellt.

Die Myofibrillardichte der Probanden hatte geringfügig abgenommen und ihr sarkoplasmatisches Volumen hatte im Verlauf der Studie relativ zur Muskelfasergröße zugenommen. Die Veränderungen waren gering, erreichten aber statistische Signifikanz. Wenn man die Probanden mit der Gruppe der Elitekraftsportler verglich, dann waren diese Trends sogar noch stärker.

Die Myofibrillardichte der Gruppe der Elitekraftsportler was deutlich geringer (fast 10% geringer) und ihr sarkoplasmatisches Volumen relativ zur Muskelfasergröße fiel höher aus (etwa 10% höher). Mit anderen Worten ausgedrückt kam bei den Probanden ein klein wenig sarkoplasmatische Hypertrophie zustande und auch wenn man hieraus nicht auf eine kausale Beziehung schließen kann, das die Elitebodybuilder anders als die Probanden keine Intervention durchliefen, scheint doch deutlich mehr sarkoplasmatische Hypertrophie die Studienteilnehmer von den Elitekraftsportlern zu trennen.

Es sollte außerdem angemerkt werden, dass die mitochondrielle Dichte im Verlauf der sechs Monate des Trainings abnahm und bei den Elite Kraftsportlern noch geringer ausfiel. 6 der 7 Elite Bodybuilder verwendeten außerdem Steroide oder hatten in der Vergangenheit Steroide verwendet. Mehr zu diesen Dingen etwas später.

 

Aus MacDougall (1982)

(Du wirst Dich jetzt vielleicht fragen, wie die Wissenschaftler das sarkoplasmatische und das myofibrillare Volumen bestimmen konnten, wenn hierfür so große Gewebeproben notwendig sind. Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, da hierüber im Bereich der bei der Studie verwendeten Metzhoden keine Angaben gemacht wurden. Die Autoren der Studie zitierten zwei andere Paper, in denen diese Methode detaillierter beschrieben wird, doch ich habe zu diesen Papers keinen Zugang. Offensichtlich kam ein Elektronenmikroskop zum Einsatz, bei dem keine großen Gewebeproben benötigt werden. Somit scheint eine solche Untersuchung heute zutage leichter ausführbar zu sein.)

Wenden wir uns den funktionalen Daten zu.

Man kann die Myofibrillardichte durch eine Messung der Kraft bestimmen, die eine einzelne Muskelfaser entfalten kann, und die Kraft durch die Querschnittsfläche der Faser teilen. Dies wird auch als spezifische Spannung dieser Faser bezeichnet. Eine höhere spezifische Spannung bedeutet eine höhere Myofibrillardichte als Nennwert und eine niedrigere spezifische Spannung bedeutet in den meisten Fällen eine niedrigere Myofibrillardichte (und somit ein höherer Anteil von Sarkoplasma).

Der einzige primäre Faktor, der diese Beziehung typischerweise bei nicht erschöpften Muskeln verändern kann, ist eine post-translationale Modifizierung der kontraktilen Proteine. Mit anderen Worten ausgedrückt gilt, dass wenn das Aktin und das Myosin, die die Muskelkontraktion verursachen, auf irgendeine Art und Weise modifiziert werden, die zur Folge hat, dass diese nicht korrekt funktionieren, dies einen Abfall der spezifischen Spannung verursachen kann, der unabhängig von der Myofibrillardichte ist. Da eine post-translationale Veränderung jedoch sehr selten ist, stellt die spezifische Spannung eine recht gute Abschätzung für die Myofibrillardichte dar.

Man könnte sich jetzt natürlich vor der Idee scheuen, zu versuchen Schlussfolgerungen aus Studien mit einzelnen Muskelfasern zu ziehen, doch hierbei sollte man im Hinterkopf behalten, dass die Verwendung einzelner Fasern einer der wenigen Wege darstellt, die Auswirkungen einer Vielzahl von Störfaktoren zu reduzieren, die von einer Studie zu diesem Thema wie folgt beispielhaft aufgezählt werden (11):

„…Unterschiede der intramuskulären Muskelfaserorientierung oder Fiederung, die Gegenwart von intramuskulären Bindegewebe, Unterschiede bezüglich der mechanischen Hebelwirkungen in Relation zur Gelenkposition, eine mögliche Coaktivierung antagonistischer Muskeln während des Krafttests und Variationen der Rekrutierungsschemata der motorischen Einheiten, zentraler Antrieb und Motivation der Versuchsperson.“

Eine aktuelle Studie verglich individuelle Muskelfasern von Bodybuildern, Powersportlern (American Football Spieler, Leichtathleten und Gewichtheber) und Probanden einer Kontrollgruppe (12).

Die Bodybuilder hatten die mit Abstand größten Muskelfasern (88% größer als bei den Mitgliedern der Kontrollgruppe und 67% größer als bei den Powersportlern). Die Muskelfasern der Bodybuilder produzierten mehr Kraft, als die der Mitglieder der Kontrollgruppe, aber sie produzierten geringfügig weniger Kraft als die Muskelfasern der Powersportler (der Unterschied der Gesamtkraft zwischen den Muskelfasern der Bodybuilder und der Powersportler waren jedoch nicht statistisch relevant).

Und hier ist der wirklich interessante Teil: Per Einheit Querschnittsfläche produzierten die Muskelfasern der Bodybuilder deutlich weniger Kraft als die Muskelfasern der Powersportler oder der Mitglieder der Kontrollgruppe (66% weniger als bei den Powersportlern und 41% weniger als bei den Probanden der Kontrollgruppe).

Nachdem sie diese herausgefunden hatten, führten die Wissenschaftler eine andere Analyse durch, um zu sehen, ob post-translationale Modifizierungen den Unterschied erklären könnten, wonach sie zur Schlussfolgerung kamen, dass jede post-translationale Modifikation nur eine minimale Rolle gespielt haben konnte.

Mit anderen Worten ausgedrückt hatten die Bros die ganze Zeit über recht. Ein Training wie ein Bodybuilder bewirkt eine nichtfunktionale sarkoplasmatische Hypertrophie.

Richtig?

Nicht so schnell. Es gibt drei mögliche Probleme, wenn aus darum geht, voreilige Schlussfolgerungen aus dieser Studie zu ziehen:

  1. Es gab keine wirkliche Intervention. Es hätte auch einfach nur sein können, dass Menschen mit einem bestimmten Typen abnormaler Muskelfasern mit größerer Wahrscheinlichkeit dazu neigen, Bodybuilder zu werden.
  2. Die Probandengruppe dieser Studie war recht gering.
  3. Diese Aussage ist vielsagend: „Ein negativer Trend zwischen der Muskelfaserquerschnittsfläche und der spezifischen Spannung wurde bereits zuvor bei einzelnen Muskelfasersegmenten untrainierter Menschen und Fröschen beobachtet. Bei der vorliegenden Studie ist dieser negative Trend bei allen Gruppen offensichtlich. Es wurde vorgeschlagen, dass dies mit einer Akkumulation anorganischer Phosphate aufgrund längerer Diffusionszeiten vom Inneren der Faser zum umgebenden Inkubationsmedium zusammenhängt.“

 

Der dritte Punkt ist wahrscheinlich der Interessanteste.

Während die Gesamtmuskelquerschnittsfläche im Allgemeinen recht stark mit der Kapazität der Kraftproduktion korreliert, erzählen Studien, die einzelne Muskelfasern betrachteten, eine andere Geschichte.

Eine dieser Studien illustriert den Unterschied. Im Rahmen der größten Studie mit einzelnen Muskelfasern, der ich mir bewusst bin, haben die Wissenschaftler herausgefunden, dass die Kapazität für die Kraftproduktion mehr mit dem Durchmesser, als mit der Querschnittsfläche in Zusammenhang steht. Die Wissenschaftler verglichen maximale Kraft mit dem Durchmesser und fanden heraus, dass die Werte für Fasern von Typ 1 und Typ 2 sich recht ähnlich waren. Sie druckten die Maximalkraft gegen den Durchmesser auf doppelalgorythmisches Papier und fanden heraus, dass die Steigungen für Muskelfasern von Typ 1 und Typ 2 sehr nahe beieinander lagen.

Wie ich in einem früheren Artikel bereits beschrieben habe, zeigt uns die Steigung eines doppelalgorythmischen Graphen etwas über die exponentielle Beziehung zwischen zwei Variablen. Wenn die Steigung bei 1 liegt, bedeutet dies, dass die Beziehung linear und nicht exponentiell ist.

Am wichtigsten ist, dass sie zur Schlussfolgerung kamen, dass die Steigung der Linie, die am besten zum doppelalgorythmischen Graphen passte, mit Sicherheit nicht bei 2 lag – und das selbst dann nicht, wenn Variabilität und potentielle Fehler berücksichtigt wurden. Wenn die Steigung bei 2 gelegen hätte, dann hätte dies bedeutet, dass die Maximalkraft mit dem Quadrat des Durchmessers gestiegen wäre, was im Gegenzug bedeutet hätte, dass die Maximalkraft sich linear zur Querschnittsfläche verhalten hätte.

Mit anderen Worten bedeutet die Tatsache, dass es nahezu unmöglich ist, dass die Steigung des doppelalgorythmischen Graphen bei 2 liegt (p<,0001 für sowohl Fasern vom Typ 1, als auch Fasen vom Typ 2), dass man erwarten kann, dass die Maximalkraft einer einzelnen Muskelfaser mehr mit dem Muskelfaserdurchmesser, als mit der Querschnittsfläche in Zusammenhang steht.

Betrachten wir unter diesem Licht noch einmal die Daten aus der Studie, die Bodybuilder, Powersportler und Mitglieder einer Kontrollgruppe verglich.

Da nicht für alle Messungen absolute Werte angegeben wurde, habe ich sowohl Querschnittsfläche, als auch maximale Kraft relativ zur Kontrollgruppe angegeben und willkürliche Einheiten verwendet. Ich habe die Beziehung (prozentuelle Unterschiede), von der die Studie berichtete, beibehalten.

 

Kontrollgruppe

Powersportler

Bodybuilder

Querschnittsfläche

10

11,26

18,8

Durchmesser (berechnet)

3,57

3,79

4,89

Maximalkraft

1

1,5

1,33

Vorhergesagte Maximalkraft

1

1,06

1,37

 

Bei Verwendung der richtigen Beziehung (Kraft relativ zum Faserdurchmesser, anstelle der Querschnittsfläche) sehen wir ein anderes Bild als oben. Die Muskelfasern der Bodybuilder produzierten nahezu dieselbe Menge an Einheiten des Durchmessers wie die Muskelfasern der Kontrollgruppe (untere Zeile: die Muskelfasern der Bodybuilder produzierten lediglich 3% weniger Kraft pro Einheit des Durchmessers als die Muskelfasern der Mitglieder der Kontrollgruppe).

Dies steht im Gegensatz zu den 41% Unterschied bei Verwendung der spezifischen Spannung (Kraft relativ zur Querschnittsfläche) Die Powersportler hatten weiterhin eine deutlich höhere Maximalkraft relativ zum Durchmesser als die anderen Gruppen.

Mit anderen Worten ausgedrückt bestand das Problem nicht darin, dass die Bodybuilder etwas „falsch“ machten, das ihre Kraft relativ zur Querschnittsfläche reduzierte. Basierend darauf, um wie viel größer ihre Muskelfasern im Vergleich zur Kontrollgruppe waren, produzierten ihre Muskeln in etwa so viel Kraft, wie man basierend auf dem Muskelfaserdurchmesser erwarten würde.

Es ist wahrscheinlicher, dass entweder die Powersportler etwas „richtig“ machten, um ihre Kraft relativ zum Muskelfaserdurchmesser über das hinaus zu steigern, was man erwartet hätte oder dass Menschen, deren Muskelfasern auf natürlichem Weg dazu in der Lage sind, mehr Kraft zu produzieren, als sie es tun „sollten“ mehr dazu neigen, Powersportler zu werden. Am Wahrscheinlichsten ist eine Kombination von beidem. Man sollte jedoch im Hinterkopf behalten, dass selbst bei Powersportlern die spezifische Kraft sank, während die Muskelfasergröße zunahm.

Dies führt uns jedoch zu einem anderen Dilemma. Da sich die Myofibrillardichte weiterhin linear zur der Querschnittfläche verhalten sollte, aber die Muskelkraft sich linear zum Durchmesser verhält, stellt sich die Frage, ob eine sarkoplasmatische Hypertrophie Hand in Hand mit der Hypertrophie selbst geht? Ist vielleicht eine Zunahme oder eine Aufrechterhaltung der Myofibrillardichte das eigentlich „Seltsame“, das geschieht?

Vielleicht.

Ich bezweifle jedoch, dass wir in naher Zukunft viele weitere Studien mit einzelnen Muskelfasern sehen werden, da diese sehr zeit- und kostenintensiv sind und dieser Typ von Untersuchungen für ernsthafte Sportler eine sehr niedrige Priorität besitzen dürfte. Solche Untersuchungen wären allerdings für die Geriatrie (Altersheilkunde) relevant (wenn sich unter den Lesern also irgendwelche Trainingsphysiologen befinden, die mit älteren Menschen arbeiten, sollten sie dies als subtilen Hinweis ansehen). Für den Augenblick ist eine Betrachtung von Studien, die den gesamten Muskel betrachten, das Beste, was wir tun können.

Die erste Studie, die mir in diesem Zusammenhang einfällt, ist eine mit Elite Powerliftern durchgeführte Untersuchung, die eine sehr starke Korrelation zwischen Muskeldicke (anstelle von Querschnittsfläche) und Kraft fand (14).

Muskelstudien zeigen, dass die Muskeln von Menschen, die ein Krafttraining ausführen eine höhere spezifische Spannung als die Muskeln untrainierter Menschen aufweisen (15). Diese Studie (16) ist meines Wissens jedoch die einzige Studie, die die Muskelweite spezifische Spannung (Kraft durch Querschnittsfläche) mit der spezifischen Spannung einzelner Muskelfasern vor und nach dem Training verglich.

Die Autoren fanden heraus, dass die spezifische Spannung einzelner Muskelfasern unverändert blieb, während die spezifische Spannung für den ganzen Muskel zunahm. Sie postulierten, dass die seitliche Kraftübertragung (seitliche Verbindungen zwischen den Muskelfasern, die diese Fasern miteinander verbinden und die Kraftübertragung unterstützen) die wahrscheinlichste Ursache für die Erhöhung der spezifischen Spannung des Gesamtmuskels war und dass die Myofibrillardichte innerhalb der individuellen Fasern selbst unverändert blieb, da sich die spezifische Spannung der einzelnen Muskelfasern nicht veränderte.

Zwei weitere Studien (17, 18) kamen zu ähnlichen Resultaten für einzelne Muskelfasern (unveränderte spezifische Spannung) vor und nach dem Training, aber die Wissenschaftler verglichen die Resultate nicht mit Veränderungen der Gesamtmuskelspannung.

Wieder andere Studien (19, 20) konnten hingegen eine Zunahme der spezifischen Spannung sowohl auf den gesamten Muskel, als auch auf einzelne Muskelfasern bezogen beobachten, ohne dass es zu einer Gesamtmuskelhypertrophie kam, auch wenn die zweite Studie durch die Tatsache verfälscht wurde, dass sie mit älteren Menschen durchgeführt wurde, die normalerweise eine Abnahme der spezifischen Spannung mit zunehmendem Alter erleben (eine Erhöhung der spezifischen Spannung bedeutet bei diesen Menschen also lediglich eine Rückkehr zum Normalzustand).

Es gibt außerdem eine Vielzahl weiterer Faktoren wie gesteigerte Muskelaktivierung, reduzierte Aktivierung antagonistischer Muskeln und sogar Veränderungen innerhalb der Muskelarchitektur, die den Hebelarm des Muskels verändern können, die alle die Kraftproduktion relativ zur Muskelquerschnittsfläche steigern können (21).

Mit diesen potentiell verfälschenden Faktoren im Hinterkopf scheint hochintensives Training stärkere Erhöhungen der spezifischen Spannung zu bewirken, als dies bei leichterem Training der Fall ist (22) und Bodybuilder produzieren regelmäßig weniger Kraft pro Einheit Muskelquerschnittsfläche als Kraftsportler (23) und manchmal sogar weniger Kraft als untrainierte Probanden der Kontrollgruppe (24).

Auch bei dieser Studie (25) konnte eine negative Korrelation zwischen Muskelquerschnittsfläche beobachtet werden, während bei einer anderen Studie (26) Bodybuilder bei einer Knieextension sogar mehr Kraft pro Einheit Muskelquerschnittsfläche als Powerlifter produzierten.

Insgesamt gesehen scheint Krafttraining das Verhältnis von Kraft zu Muskelquerschnittsfläche für den gesamten Muskel zu steigern, während es jedoch wahrscheinlich die Kraft im Verhältnis zur Muskelquerschnittsfläche (und die Myofibrillardichte) auf Ebene der einzelnen Fasern nicht erhöht, solange kein Muskelwachstum stattfindet.

Auf der anderen Seite ist bei den meisten Studien bei Bodybuildern das Verhältnis von Kraft zu Muskelquerschnittsfläche niedriger als bei Kraftsportlern und ähnelt häufig den bei untrainierten Probanden der Kontrollgruppe ermittelten Werten. Dies steht in Einklang mit der Beobachtung, dass das Verhältnis von Kraft relativ zur Muskelgröße am stärksten mit dem Faserdurchmesser in Verbindung steht und dieses Verhältnis im Allgemeinen sinkt, wenn die Muskelfasergröße steigt.

Krafttraining folgt diesem Trend nicht und hält die Beziehung zwischen Kraft und Querschnittsfläche aufrecht, aber ein Training im Bodybuilding Stil scheint dem Trend einer Abnahme der spezifischen Spannung mit zunehmender Muskelfasergröße zu folgen, wie die in größeren Studien beobachtet werden kann.

Bedeutet dies nun, dass eine sarkoplasmatische Hypertrophie (eine Zunahme des Prozentsatzes der sarkoplasmatischen Proteine relativ zu myofibrillaren Proteinen) typischerweise Hand in Hand mit einer Muskelhypertrophie geht?

Möglicherweise.

Man sollte sich jedoch daran erinnern, dass es noch einige weitere potentiell verfälschende Faktoren gibt. Am Auffälligsten hiervon ist die Tatsache, dass größere Muskelfasern größere Mengen anorganischer Phosphate akkumulieren könnten. Anorganische Phosphate reduzieren direkt die Kraft der Muskelkontraktion, da sie die Bindung von Myosin an Aktin behindern, was für eine Reduzierung des Verhältnisses von Kraft zu Querschnittsfläche ohne Veränderung der Myofibrillardichte verantwortlich sein könnte.

Hierbei sollte man jedoch im Hinterkopf behalten, dass dies lediglich ein vorgeschlagener Mechanismus und kein in diesem Kontext bewiesener Mechanismus ist. Für gewöhnlich sammeln sich anorganische Phosphate nur dann an, wenn die Muskeln erschöpfen (wenn Phosphate schneller von ATP abgetrennt werden, als die Energiesysteme die ATP Spiegel wiederherstellen können). Es ist jedoch bekannt, dass eine Akkumulation anorganischer Phosphate einer der Hauptgründe für eine Abnahme des Verhältnisses von Kraft zu Querschnittsfläche bei einer Immobilisierung von Gliedmaßen ist, so dass es denkbar ist, dass eine solche Akkumulation unter bestimmten Umständen auch in nicht erschöpften Muskelfasern zustande kommen könnte.

Es gibt eine mögliche Begründung für einen Anstieg der Mengen anorganischer Phosphate in den Muskeln von Bodybuildern – anorganische Phosphate können als Puffer agieren, wenn der pH Wert im Muskel während des Trainings sinkt. Vielleicht akkumulieren die Muskeln von Bodybuildern anorganische Phosphate als Reaktion auf ein Training mit hohen Wiederholungszahlen, welches eine lokale Muskelübersäuerung hervorruft.

Anorganische Phosphate gehören jedoch zu den weniger wichtigen zellularen Puffern und selbst wenn dies erklären würde, warum sich anorganische Phosphate in den Muskeln von Bodybuildern ansammeln, würde dies immer noch nicht dabei helfen, den allgemeineren Trend eines reduzierten Verhältnisses von Kraft zu Querschnittsfläche mit zunehmender Muskelfasergröße zu erklären - insbesondere bei Typ I Muskelfasern (welche sich mehr auf den aeroben Stoffwechsel verlassen und keinen so niedrigen pH Wert erreichen).

Nehmen wir für den Moment an, dass eine Akkumulation anorganischer Phosphate maximal eine geringe Rolle spielt. Nehmen wir weiterhin an, dass post-translationale Modifizierungen keine große Rolle spielen (und sie tun dies auch abgesehen von älteren Populationen und Tieren, die kein Myostatin produzieren, nicht). Die einzige weitere Option, der ich mir bewusst bin, die eine Abnahme des Verhältnisses von Kraft zu Muskelquerschnittsfläche mit zunehmender Muskelfasergröße erklären könnte, ist dann eine Abnahme der Myofibrillardichte.

Mit anderen Worten: eine sarkoplasmatische Hypertrophie.

Wir müssen uns also Folgendes fragen: „Warum sollte so etwas überhaupt geschehen? Und warum könnte es bei Bodybuildern in größerem Umfang als bei Kraft- oder Powersportlern geschehen?“

Die einfachste Erklärung, an die ich denken kann ist: Energie.

Ein großer Teil der sarkoplasmatischen Proteine ist an den unterschiedlichen Schritten des anaeroben Stoffwechsels beteiligt. Wenn eine Muskelfaser größer wird, verlässt sie sich aus zwei Gründen weniger und weniger auf den anaeroben Stoffwechsel:

  1. Wenn Du nicht gerade ein dediziertes aerobes Training ausführst, nimmt die Mitochondrialdichte (die Mitochondrien sind die Orte, an denen der aerobe Stoffwechsel abläuft) im Allgemeinen ab. Dies konnte im Rahmen der MacDougall Studie beobachtet werden – die Mitochondrialdichte nahm im Verlauf von sechs Monaten ab, während die Muskeln der Studienteilnehmer wuchsen und sie war bei den Elite Kraftsportlern bereits zu Beginn niedriger
  2. Das Verhältnis von Kapillaren pro Einheit der Muskelfaserquerschnittsfläche nimmt mit zunehmender Größe der Muskelfaser ab, wenn Du nicht gerade dediziertes aerobes Training absolvierst. Dies bedeutet, dass Du nicht mehr so viel Sauerstoff zu den Mitochondrien bringen kannst, die sich am nächsten an den Myofibrillen weiter innerhalb der Muskelfaser befinden, da der Diffusionsabstand von der Muskelzellmembran (das Sarkolemma) zur Mitochondrie tief im Innern der Zelle größer geworden ist. Dies fördert im Gegenzug eine Verschiebung hin zu einem anaeroben Stoffwechsel.

 

Diese Idee macht im Licht der Studie weiter oben mit einzelnen Muskelfasern Sinn, bei der Bodybuilder, Powersportler und untrainierte Mitglieder der Kontrollgruppe verglichen wurden. Die Muskelfasern der Bodybuilder waren nicht nur sehr viel größer, sondern die Bodybuilder stellten auch die einzige Gruppe dar, die kein dediziertes Cardiotraining absolvierte.

Dies erklärt jedoch nicht vollständig, warum die spezifische Spannung (und somit auch die Myofibrillardichte) bei einem schweren Krafttraining nicht abfallen sollte, wie dies bei einem leichteren Training mit höherem Volumen im Bodybuilding Stil der Fall ist. Ein gesteigertes Trainingsvolumen im Allgemeinen und insbesondere ein gesteigertes Trainingsvolumen bis nahe an den Punkt des Muskelversagens mit leichteren Gewichten stellen höhere energetische Anforderungen an den Muskel, welche dabei helfen sollten, einige dieser aeroben Anpassungen (gesteigerte Kapillardichte und gesteigerte Mitochondrialdichte) anzukurbeln, die die Notwendigkeit für gesteigerte Level an Protein, die mit dem anaeroben Stoffwechsel in Verbindung gebracht werden, reduzieren würden.

Ich denke (auch wenn mir klar ist, dass diese Erklärung sehr dünn ist), dass aufgrund der Tatsache, dass ein Training im Bodybuilding Stil sowohl aerob, als auch anaerob fordernder ist, die enorm gesteigerten anaeroben Anforderungen zu stärkeren anaeroben Adaptionen führen, die die gesteigerten aeroben Anpassungen übertreffen. Bei schweren Sätzen mit drei Wiederholungen wirst Du nicht viel gespeichertes ATP und Phosphokreatin verbrauchen, was bedeutet, dass Du keine Tonne an Energie über den glykolytischen Stoffwechsel brauchst. Das Ganze wird jedoch völlig anders aussehen, wenn Du mehrere fordernde Sätze mit 8 bis 15 Wiederholungen in Folge ausführst.

Eine Betrachtung von Veränderungen des sarkoplasmatischen Proteinstoffwechsels nach unterschiedlichen Trainingseinheiten und eine spezifische Trennung von mitochondriellen Proteinen von anderen sarkoplasmatischen Proteinen könnte etwas Licht auf diese Idee werfen, aber einige Studien nehmen mitochondrielle Proteine mit in die sarkoplasmatische Proteinfraktion auf (wie diese Studie (28), die zeigte, dass die sarkoplasmatische Proteinsynthese nach einer Trainingseinheit bis zum Muskelversagen mit 30% des 1RM Gewichts für 24 Stunden erhöht war, aber nicht bei Gewichten im Bereich von 90% des 1RM Gewichts oder diese Studie (29), die zeigte, dass ein Training mit einer langsameren Kadenz größere Zunahmen an sarkoplasmatischer Proteinsynthese als Training mit einer schnelleren Kadenz bewirkte), während andere Studien mitochondrielle Proteine ignorieren und lediglich die nicht mitochondriellen sarkoplasmatischen Proteine betrachten (wie diese beiden Studien (30, 31), die zeigten, dass eine langsamere Trainingskadenz größere Zunahmen der sarkoplasmatischen Proteinsynthese als eine schnellere Trainingskadenz bewirkte).

Im letzten Teil dieser Artikelserie werde ich den aktuellen Stand der Forschung zusammenfassen und im Anhang auf neuere Erkenntnisse eingehen, die sich seit Fertigstellung des ursprünglichen Artikels ergeben haben.

Quelle: https://www.strongerbyscience.com/sarcoplasmic-vs-myofibrillar-hypertrophy/

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