Edaravon
Edaravon ist ein synthetisches Molekül aus der Gruppe der freien Radikalfänger (Antioxidanzien), das seit Ende der 1980er-Jahre entwickelt wurde. Chemisch handelt es sich um ein substituiertes Phenolderivat, das in der Lage ist, reaktive Sauerstoffspezies (ROS) abzufangen und so oxidativen Stress zu verringern. Dieser Mechanismus macht den Wirkstoff für Erkrankungen interessant, bei denen oxidativer Stress und neurodegenerative Prozesse eine Rolle spielen.
Seine klinische Bedeutung erlangte Edaravon insbesondere in Japan, wo es seit 2001 zur Behandlung des akuten ischämischen Schlaganfalls zugelassen ist. Später wurde es auch bei der amyotrophen Lateralsklerose (ALS) eingesetzt und 2017 von der US-amerikanischen FDA für diese Indikation zugelassen. Damit gehört Edaravon zu den wenigen zugelassenen Arzneimitteln im Bereich neurodegenerativer Erkrankungen.
Welche Vorteile bietet Edaravon für die Gesundheit?
Die therapeutischen Vorteile von Edaravon beruhen im Wesentlichen auf seiner antioxidativen Wirkung. Es gibt gemischte Ergebnisse zur Wirksamkeit von Edaravon. Studien und klinische Anwendungen weisen teilweise jedoch auf folgende potenzielle Nutzen hin:
- Amyotrophe Lateralsklerose (ALS): Edaravon kann den Krankheitsverlauf bei ALS verlangsamen und den funktionellen Status der Patienten länger stabil halten. Studien deuten auf einen langsameren Rückgang des ALSFRS-R-Wertes (ein Maß für die Funktionsfähigkeit) und verbesserte Überlebensraten bei mit Edaravone behandelten Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe hin (1,2).
- Schlaganfalltherapie: In Japan wird der Wirkstoff bei akutem ischämischem Schlaganfall zur Verringerung neurologischer Folgeschäden eingesetzt. Studien untermauern diese Anwendung (3).
Wie wirkt Edaravon im Körper?
Edaravon wirkt als Radikalfänger, indem es Sauerstoff-Radikale neutralisiert. Dadurch werden potenziell oxidative Prozesse, die bei verschiedenen gesundheitlichen Problemen auftreten, gehemmt. Der Wirkstoff könnte so zur Stabilisierung von Nervenzellen und Gefäßstrukturen beitragen (1).
Gibt es Risiken oder Nebenwirkungen?
- Nebenwirkungen: In Studien treten verschiedene Nebenwirkungen auf. Unter anderem können Kopfschmerzen, Ekzeme, Müdigkeit, Atembeschwerden, Muskelschwäche, Dyspnoe, Verstopfung und Dysphagie auftreten. Hier gilt es zu beachten, dass je nach Vorerkrankung oder Art der Einnahme unterschiedliche Nebenwirkungen festgestellt wurden (4,5).
- Anwendung: Edaravon wird intravenös oder oral verabreicht, in jedem Fall ist eine ärztliche Überwachung notwendig.
Fazit
Edaravon ist ein radikalfangendes Antioxidans mit spezifischem Einsatzgebiet in der Schlaganfall- und ALS-Therapie. Während die klinische Erfahrung in Japan seit Jahrzehnten etabliert ist, wächst das Interesse auch international. Trotz gemischter Ergebnisse bleibt die Forschung aktiv, insbesondere im Hinblick auf die langfristige Wirksamkeit, die Sicherheit und mögliche Einsatzgebiete bei weiteren neurodegenerativen Erkrankungen. Mehr Studien sind notwendig, um abschließende Aussagen zur Wirkung und Effektivität treffen zu können.
Quellen:
- Brooks, B. R., Berry, J. D., Ciepielewska, M., Liu, Y., Zambrano, G. S., Zhang, J., & Hagan, M. (2022). Intravenous edaravone treatment in ALS and survival: An exploratory, retrospective, administrative claims analysis. EClinicalMedicine, 52, 101590. https://doi.org/10.1016/j.eclinm.2022.101590
- Brooks, B. R., Pioro, E. P., Sakata, T., Takahashi, F., Hagan, M., & Apple, S. (2023). The effects of intervention with intravenous edaravone in Study 19 on hospitalization, tracheostomy, ventilation, and death in patients with amyotrophic lateral sclerosis. Muscle & nerve, 68(4), 397–403. https://doi.org/10.1002/mus.27946
- Chen, C., Li, M., Lin, L., Chen, S., Chen, Y., & Hong, L. (2021). Clinical effects and safety of edaravone in treatment of acute ischaemic stroke: A meta-analysis of randomized controlled trials. Journal of clinical pharmacy and therapeutics, 46(4), 907–917. https://doi.org/10.1111/jcpt.13392
- Genge, A., Pattee, G. L., Sobue, G., Aoki, M., Yoshino, H., Couratier, P., Lunetta, C., Petri, S., Selness, D., Todorovic, V., Sasson, N., Hirai, M., Takahashi, F., Salah, A., Apple, S., Wamil, A., Kalin, A., & Jackson, C. E. (2025). Safety Extension Study of Edaravone Oral Suspension in Patients With Amyotrophic Lateral Sclerosis for up to an Additional 96 Weeks of Treatment. Muscle & nerve, 72(3), 450–454. https://doi.org/10.1002/mus.28451
- Witzel, S., Maier, A., Steinbach, R., Grosskreutz, J., Koch, J. C., Sarikidi, A., Petri, S., Günther, R., Wolf, J., Hermann, A., Prudlo, J., Cordts, I., Lingor, P., Löscher, W. N., Kohl, Z., Hagenacker, T., Ruckes, C., Koch, B., Spittel, S., Günther, K., … German Motor Neuron Disease Network (MND-NET) (2022). Safety and Effectiveness of Long-term Intravenous Administration of Edaravone for Treatment of Patients With Amyotrophic Lateral Sclerosis. JAMA neurology, 79(2), 121–130. https://doi.org/10.1001/jamaneurol.2021.4893