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Betulinsäure

Was ist Betulinsäure?

Betulinsäure ist eine natürlich vorkommende, pentacyclische Triterpenverbindung, die in verschiedenen Pflanzenarten – insbesondere in der Rinde von Birken (Betula spp.) – enthalten ist. Chemisch gehört sie zur Gruppe der Lupane-Triterpene und ist eng verwandt mit dem ebenfalls bekannten Betulin, aus dem sie durch Oxidation abgeleitet werden kann. Der Name „Betulinsäure“ leitet sich direkt vom lateinischen Namen der Birke ab. Als sekundärer Pflanzenstoff erfüllt Betulinsäure in der Natur vor allem Schutzfunktionen: Sie hilft der Pflanze bei der Abwehr von Mikroorganismen, UV-Strahlung und Fraßfeinden. Für die pharmazeutische Forschung wurde sie insbesondere ab den 1990er-Jahren zunehmend interessant – zunächst aufgrund ihrer beobachteten zytotoxischen Wirkung gegen bestimmte Tumorzellen in vitro. Inzwischen sind viele potenzielle Wirkmechanismen bekannt, die Betulinsäure zu einem hochinteressanten Kandidaten für unterschiedlichste therapeutische Anwendungen machen. Obwohl Betulinsäure bislang noch kein zugelassenes Arzneimittel ist, wird sie intensiv in der präklinischen Forschung untersucht und ist auch in der Naturkosmetik und Nahrungsergänzung ein zunehmend diskutierter Inhaltsstoff.

Welche Vorteile bietet Betulinsäure für die Gesundheit?

Betulinsäure besitzt ein breites Spektrum an biologischen Aktivitäten, das durch verschiedene Labor- und Tierversuche dokumentiert wurde. Hier ein Überblick über einige der vielversprechenden Eigenschaften:

  • Antitumorale Aktivität: In präklinischen Studien zeigte Betulinsäure wachstumshemmende Effekte auf verschiedene Krebszellen, insbesondere durch die gezielte Auslösung der Apoptose (zellprogrammierter Tod) (1,2).
  • Antientzündliche Effekte: Die Substanz kann laut Studien Entzündungsprozesse regulieren, etwa durch Hemmung von Prostaglandinen und bestimmten Zytokinen (4,5).
  • Antimikrobielle Eigenschaften: Erste Untersuchungen deuten auf ein antivirales Potenzial, u. a. gegen HIV-1, sowie eine antimikrobielle und antifungale Wirkung hin (6,7,8).
  • Wundheilung und Hautschutz: In der Dermatologie wird Betulinsäure als möglicher Wirkstoff in Salben und Cremes zur Unterstützung der Hautregeneration bei bestimmten gesundheitlichen Problemen getestet (9,10).

Wie wirkt Betulinsäure im Körper?

Die molekulare Wirkung von Betulinsäure ist komplex und bisher nicht vollständig aufgeklärt. Sie interagiert mit verschiedenen zellulären Signalwegen, beeinflusst entzündungsrelevante Enzyme (z. B. COX-2) und aktiviert Mechanismen der Apoptose – vor allem in Krebszellen, ohne dabei gesunde Zellen in gleichem Maße zu beeinträchtigen (1–10).

Gibt es Risiken oder Nebenwirkungen?

  • Noch keine Langzeitstudien: Trotz vieler positiver In-vitro- und Tierversuche fehlt es derzeit an ausreichenden klinischen Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit beim Menschen.
  • Bioverfügbarkeit eingeschränkt: Reines Betulinsäurepulver hat eine geringe Wasserlöslichkeit, was die Aufnahme im Körper einschränken kann. Hier werden modifizierte Formen oder Kombinationen mit Trägerstoffen erprobt.
  • Potenzielle Wechselwirkungen: Bei gleichzeitiger Einnahme mit anderen Medikamenten ist Vorsicht geboten, da Effekte auf zelluläre Enzymsysteme nicht ausgeschlossen werden können.

Fazit

Betulinsäure ist ein vielversprechender sekundärer Pflanzenstoff mit breitem biologischem Wirkspektrum – insbesondere im Bereich der Krebs- und Entzündungsforschung. Auch wenn erste Ergebnisse vielversprechend sind, steckt die therapeutische Nutzung beim Menschen noch in der experimentellen Phase. Weitere Studien sind notwendig, um Potenziale und Risiken zuverlässig zu bewerten.

Quellen:

  1. Xiu, Z., Zhu, Y., Li, S., Li, Y., Yang, X., Li, Y., Song, G., Jin, N., Fang, J., Han, J., Li, Y., & Li, X. (2023). Betulinic acid inhibits growth of hepatoma cells through activating the NCOA4-mediated ferritinophagy pathway. Journal of Functional Foods, 102, 105441. https://doi.org/10.1016/j.jff.2023.105441
  2. Jiang, W., Li, X., Dong, S., & Zhou, W. (2021). Betulinic acid in the treatment of tumour diseases: Application and research progress. Biomedicine & pharmacotherapy = Biomedecine & pharmacotherapie, 142, 111990. https://doi.org/10.1016/j.biopha.2021.111990
  3. Fulda S. (2008). Betulinic Acid for cancer treatment and prevention. International journal of molecular sciences, 9(6), 1096–1107. https://doi.org/10.3390/ijms9061096
  4. Lingaraju, M. C., Pathak, N. N., Begum, J., Balaganur, V., Bhat, R. A., Ramachandra, H. D., Ayanur, A., Ram, M., Singh, V., Kumar, D., Kumar, D., & Tandan, S. K. (2015). Betulinic acid attenuates lung injury by modulation of inflammatory cytokine response in experimentally-induced polymicrobial sepsis in mice. Cytokine, 71(1), 101–108. https://doi.org/10.1016/j.cyto.2014.09.004
  5. Oliveira-Costa, J. F., Meira, C. S., Neves, M. V. G. D., Dos Reis, B. P. Z. C., & Soares, M. B. P. (2022). Anti-Inflammatory Activities of Betulinic Acid: A Review. Frontiers in pharmacology, 13, 883857. https://doi.org/10.3389/fphar.2022.883857
  6. Lin, C.-K., Tseng, C.-K., Chen, K.-H., Wu, S.-H., Liaw, C.-C. and Lee, J.-C. (2015), Anti-HCV activity of betulinic acid. Br J Pharmacol, 172: 4481-4492. https://doi.org/10.1111/bph.13233
  7. Oloyede, H. O. B., Ajiboye, H. O., Salawu, M. O., & Ajiboye, T. O. (2017). Influence of oxidative stress on the antibacterial activity of betulin, betulinic acid and ursolic acid. Microbial Pathogenesis, 111, 338–344. https://doi.org/10.1016/j.micpath.2017.08.012
  8. Rodrigues, G. C. S., Dos Santos Maia, M., de Souza, T. A., de Oliveira Lima, E., Dos Santos, L. E. C. G., Silva, S. L., da Silva, M. S., Filho, J. M. B., da Silva Rodrigues Junior, V., Scotti, L., & Scotti, M. T. (2023). Antimicrobial Potential of Betulinic Acid and Investigation of the Mechanism of Action against Nuclear and Metabolic Enzymes with Molecular Modeling. Pathogens (Basel, Switzerland), 12(3), 449. https://doi.org/10.3390/pathogens12030449
  9. Xie, W., Hu, W., Huang, Z., Li, M., Zhang, H., Huang, X., & Yao, P. (2022). Betulinic acid accelerates diabetic wound healing by modulating hyperglycemia-induced oxidative stress, inflammation and glucose intolerance. Burns & trauma, 10, tkac007. https://doi.org/10.1093/burnst/tkac007
  10. Frew, Q., Rennekampff, H.-O., Dziewulski, P., Moiemen, N., Zahn, T., & Hartmann, B. (2019). Betulin wound gel accelerated healing of superficial partial thickness burns: Results of a randomized, intra‐individually controlled, phase III trial with 12‐months follow‐up. Burns, 45(4), 876–890. https://doi.org/10.1016/j.burns.2018.10.019