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Acarbose

Acarbose ist ein verschreibungspflichtiger Wirkstoff, der zur Behandlung von Typ-2-Diabetes eingesetzt wird. Es handelt sich um ein Pseudooligosaccharid, das ursprünglich aus dem Bakterium Actinoplanes utahensis isoliert wurde. Acarbose gehört zur Wirkstoffklasse der Alpha-Glucosidase-Hemmer und wird meist oral in Tablettenform verabreicht. Der Wirkstoff ist in vielen Ländern unter dem Handelsnamen Glucobay® bekannt.

Acarbose wird nicht vom Körper resorbiert, sondern wirkt lokal im Dünndarm, wo es den Abbau von komplexen Kohlenhydraten in Einfachzucker verzögert. Dadurch steigen die Blutzuckerwerte nach einer Mahlzeit (postprandialer Blutzucker) langsamer an. Diese gezielte Wirkung macht Acarbose zu einem wichtigen Baustein in der Blutzuckerkontrolle – insbesondere bei Patienten mit isoliert erhöhten postprandialen Blutzuckerspitzen.

Welche Vorteile bietet Acarbose für die Gesundheit?

Verschiedene Studien haben sich mit der Wirkung von Acarbose auseinandergesetzt. Hier ist eine Auswahl verschiedener möglicher Effekte. Diese sollten allerdings wie immer kritisch betrachtet werden, da sie nicht einfach ohne Weiteres übertragbar sind. Die Einnahme von Acarbose sollte stets unter Aufsicht eines Arztes erfolgen.

  • Blutzuckerregulation: Acarbose verlangsamt die Kohlenhydratverdauung und reduziert dadurch effektiv den postprandialen Blutzuckeranstieg (1,2,3).
  • Geringere Wahrscheinlichkeit für Diabetes: Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen deuten darauf hin, dass Acarbose das Risiko für die Enwticklung von Diabetes verringern könnte (1,4).
  • Gewichtsreudktion: Studien weisen auf einen möglicherweise gewichtsreduzierenden Effekt hin, der mit der Einnahme der Arcabose einhergehen könnte (1,5,6).
  • Geringes Hypoglykämierisiko: Da Acarbose nicht insulinotrop wirkt, ist das Risiko für Unterzuckerungen (Hypoglykämien) sehr gering, besonders bei alleiniger Anwendung. Es gibt darüber hinaus sogar Untersuchungen, die Acarbose als eine sinnvolle Ergänzung zur Behandlung von reaktiver Hypoglykämie bei nicht diabetischen Patienten einstufen (1,7).
  • Mögliche kardiovaskuläre Vorteile: Studien deuten darauf hin, dass Acarbose das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse bei Diabetikern senken kann – möglicherweise durch die Stabilisierung des postprandialen Blutzuckerspiegels (8).

Wie wirkt Acarbose?

Acarbose blockiert gezielt das Enzym Alpha-Glucosidase, das im Dünndarm dafür verantwortlich ist, komplexe Kohlenhydrate in Glukose zu zerlegen. Durch diese Hemmung verzögert sich die Glukoseaufnahme ins Blut und der Blutzuckerspiegel nach dem Essen wird flacher und gleichmäßiger. Dadurch wird die Insulinausschüttung weniger stark stimuliert. Da Acarbose nicht systemisch wirkt (kaum in den Blutkreislauf gelangt), bleibt es im Wesentlichen lokal im Darm aktiv und wird dort größtenteils durch Darmbakterien abgebaut.

Darreichungsformen und Dosierung

Acarbose ist in Form von 25 mg, 50 mg oder 100 mg Tabletten zum Einnehmen erhältlich und sollte dreimal täglich mit dem ersten Bissen einer Mahlzeit eingenommen werden.

Die Anfangsdosis für Erwachsene beträgt 25 mg oral, dreimal täglich. Die Einnahme vorerst auf einmal täglich 25 mg zu beschränken, kann jedoch gastrointestinale Nebenwirkungen begrenzen. Von einer Dosis von 25 mg am Tag kann schrittweise auf 3 Dosen am Tag erhöht werden. Ausgehend von 25 mg oral, dreimal täglich, kann die Dosis alle 4 bis 8 Wochen titriert werden, um die gewünschte Blutzuckerkontrolle zu erreichen und gleichzeitig gastrointestinale Nebenwirkungen zu begrenzen. Die maximale Tagesdosis beträgt 100 mg, dreimal täglich (1).

Nebenwirkungen, Anwendungshinweise und Risiken (1)

  • Häufige Nebenwirkungen: Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall sind vor allem zu Beginn der Therapie häufig – verursacht durch unverdaut verbleibende Kohlenhydrate, die im Dickdarm fermentiert werden.
  • Kontraindikationen: Acarbose ist ungeeignet bei chronischen Darmerkrankungen, Leberfunktionsstörungen oder schwerer Niereninsuffizienz.
  • Ernährung wichtig: Eine kohlenhydratreiche Ernährung kann Nebenwirkungen verstärken – eine Anpassung der Ernährung verbessert die Verträglichkeit deutlich.
  • Körpergewicht: Bei einem geringeren Körpergewicht als 60 kg sollte eine Dosis von 50 mg dreimal täglich nicht überschritten werden.
  • Pädiatrische Patienten: Die Sicherheit und Wirksamkeit bei pädiatrischen Patienten wurde nicht untersucht.
  • Schwangerschaft und Stillzeit: Studien haben die Sicherheit von Acarbose bei schwangeren Patientinnen nicht nachgewiesen. Stillende Mütter sollten Acarbose nicht verwenden.

Fazit

Acarbose ist ein interessanter Wirkstoff zur postprandialen Blutzuckerkontrolle bei Typ-2-Diabetes – insbesondere bei Patienten, die keine systemischen Antidiabetika vertragen oder vermeiden möchten. Seine Wirkung im Verdauungstrakt, das geringe Risiko für Hypoglykämien und die eventuell gewichtsreduzierende Wirkung machen ihn potenziell zu einer interessanten Alternative oder Ergänzung in der Diabetestherapie. Allerdings erfordert die Therapie Geduld und eine bewusste Ernährung, um Nebenwirkungen zu minimieren und die Einnahme sollte ausschließlich unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.

Quellen:

  1. McIver, L. A., Preuss, C. V., & Tripp, J. (2024, February 12). Acarbose. In StatPearls. StatPearls Publishing. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK493214/
  2. Isman, A., Nyquist, A., Moel, M., Zhang, X., & Zalzala, S. (2023). The efficacy and tolerability of intermittent prandial acarbose to reduce glucose spikes in healthy individuals. Translational Medicine of Aging, 7, 12–19. https://doi.org/10.1016/j.tma.2023.04.002
  3. Yang, H. K., Lee, S. H., Shin, J., Choi, Y. H., Ahn, Y. B., Lee, B. W., Rhee, E. J., Min, K. W., & Yoon, K. H. (2019). Acarbose add-on therapy in patients with type 2 diabetes mellitus with metformin and sitagliptin failure: A multicenter, randomized, double-blind, placebo-controlled study. Diabetes & Metabolism Journal, 43(3), 287–301. https://doi.org/10.4093/dmj.2018.0054
  4. Holman, R. R., Coleman, R. L., Chan, J. C. N., Chiasson, J. L., Feng, H., Ge, J., Gerstein, H. C., Gray, R., Huo, Y., Lang, Z., McMurray, J. J., Rydén, L., Schröder, S., Sun, Y., Theodorakis, M. J., Tendera, M., Tucker, L., Tuomilehto, J., Wei, Y., Yang, W., … ACE Study Group (2017). Effects of acarbose on cardiovascular and diabetes outcomes in patients with coronary heart disease and impaired glucose tolerance (ACE): a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. The lancet. Diabetes & endocrinology, 5(11), 877–886. https://doi.org/10.1016/S2213-8587(17)30309-1
  5. Wolever, T., Chiasson, JL., Josse, R. et al. Small weight loss on long-term acarbose therapy with no change in dietary pattern or nutrient intake of individuals with non-insulin-dependent diabetes. Int J Obes 21, 756–763 (1997). https://doi.org/10.1038/sj.ijo.0800468
  6. Li, Y., Tong, Y., Zhang, Y., Huang, L., Wu, T., & Tong, N. (2014). Acarbose monotherapy and weight loss in Eastern and Western populations with hyperglycaemia: an ethnicity-specific meta-analysis. International journal of clinical practice, 68(11), 1318–1332. https://doi.org/10.1111/ijcp.12467
  7. Lefebvre, P. J., & Scheen, A. J. (1994). The use of acarbose in the prevention and treatment of hypoglycaemia. European journal of clinical investigation, 24 Suppl 3, 40–44. https://doi.org/10.1111/j.1365-2362.1994.tb02255.x
  8. Chiasson J, Josse RG, Gomis R, et al. Acarbose Treatment and the Risk of Cardiovascular Disease and Hypertension in Patients With Impaired Glucose Tolerance: The STOP-NIDDM Trial. JAMA. 2003;290(4):486–494. doi:10.1001/jama.290.4.486