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Blood Flow Restriction Training (BFR): Die nächste große Trainingsinnovation oder einfach nur eine Modeerscheinung?

Blood Flow Restriction Training (BFR): Die nächste große Trainingsinnovation oder einfach nur eine Modeerscheinung?

Wenn Du Dich je gefragt hast, ob am Konzept des Blood Flow Restriction Trainings etwas dran ist und ob es sich hierbei um etwas handelt, das eine wertvolle Ergänzung Deines Trainingsplanes darstellen könnte, dann wird Dir dieser Artikel hoffentlich etwas weiterhelfen können.

Anmerkung: Bitte konsultiere vor Beginn eines Trainingsprogramms, das Techniken des Blood Flow Restriction Trainings umfasst, einen Arzt, was insbesondere dann gilt, wenn Du unter Herz-Kreislauf Erkrankungen leidest, oder unter Problemen mit den Blutgefäßen oder der Durchblutung leidest.

Was ist dran, am Konzept des Blood Flow Restriction Trainings?

Um die dem Blood Flow Restriction Training – kurz BFR – zugrunde liegende Theorie vollständig zu verstehen, ist es wichtig, zuerst einen Blick darauf zu werfen, wie das Blut durch Deinen Körper fließt. Beim Blutkreislauf handelt es sich um ein geschlossenes zyklisches System mit dem Herz in der Mitte. Mit Sauerstoff angereichertes Blut gelangt ins Herz und wird von diesem mit großer Kraft in die Arterien gepumpt. Die Arterien transportieren das sauerstoffreiche Blut zu allen Geweben des Körpers, zu denen auch das Muskelgewebe gehört.

Verwenden wir der Einfachheit halber den Bizeps als Beispiel. Wenn sich die Arterien dem Muskel nähern, werden sie dünner und dünner, bis sie so dünn werden, dass die Nährstoffe und der Sauerstoff durch die Wände der Blutgefäße ins umliegende Gewebe diffundieren. Diese super dünnen Blutgefäße werden als Kapillaren bezeichnet.

Nachdem das Blut seine Nährstoffe und den Sauerstoff abgegeben hat, wird es von weiteren Kapillaren aufgenommen, die dieses Blut in größere Blutgefäße transportieren, die als Venen bezeichnet werden. Die Venen transportieren das jetzt sauerstoffarme Blut passiv zurück zum Herzen. Zurück im Herz angekommen, wird das sauerstoffarme Blut in die Lunge gepumpt, wo es wieder mit Sauerstoff angereichert wird, bevor es zurück ins Herz gelangt, von wo aus es erneut in die Arterien gepumpt wird, um den gesamten Zyklus erneut zu starten.

Die Kraft des initialen Pumpstoßes des Herzens reicht aus, um das Blut vom Herz, durch die Arterien, durch die Kapillaren, in die Venen und zurück ins Herz zu transportieren, während gleichzeitig alle anderen Hindernisse wie Schwerkraft, Verengungen der Blutgefäße durch Plaques, usw. überwunden werden.

Anhand dieser Beschreibung erkennt man schnell, dass die Fließgeschwindigkeit des Blutes in den Arterien sehr viel höher als in den Venen ausfällt. Stelle Dir vor, dass Du ein Spielzeugauto über den Boden schiebst. Der initiale Schubs (der Herzschlag) verleiht dem Auto eine brauchbare Menge an Beschleunigung, doch je weiter sich das Auto von Dir entfernt, desto langsamer wird es werden.

Was ist ein Blood Flow Restriction Training?

Das Ziel beim BFR Training – welches auch als Okklusionstraining bezeichnet wird – besteht darin, den arteriellen Blutfluss aufrecht zu erhalten, während der venöse Rückfluss des Blutes zum Herzen beschränkt wird: wir wollen, dass Nährstoffe, Hormone und sauerstoffreiches Blut zum Muskel gelangt, während der Abfluss des Blutes verzögert wird.

Dies wird durch die Verwendung einer Blutdruckmanschette, einer Kniebandage oder irgendetwas anderem erreicht, das nahe am Ansatzpunkt am Rumpf eng um den Arm oder das Bein gelegt werden kann. Wenn wir die Armmuskeln als Beispiel verwenden, dann würde die Bandage so nahe wie möglich am Schultergelenk eng um den Oberarm gelegt, um einen Blutstau in den Armen hervorzurufen.

Man glaubt, dass dies eine positive Auswirkung auf die Hypertrophie besitzt, während gleichzeitig viel leichtere Gewichte als bei einem konventionellen Training verwendet werden können.

Wie ist es möglich, den venösen Rückfluss des Blutes zu beschränken, ohne den arteriellen Zufluss zum Muskel zu beschränken?

Denken wir noch einmal kurz an die Beschreibung des Blutkreislaufs. Das Blut in den Arterien fließt mit einer sehr viel größeren Geschwindigkeit und einem höheren Druck als das Blut in den Venen. Um den arteriellen Blutfluss zu beschränken bedarf es deshalb eines deutlich höheren Drucks, als dies zur Beschränkung des venösen Blutflusses nötig ist, da der Blutfluss in den Venen weit weniger kraftvoll ist. Denk an einen dieser Filme, bei denen sich jemand eine Verletzung zuzieht und das Blut pulsierend in Strömen herausspritzt. Dies stellt eine arterielle Verletzung dar, bei der sich das Blut aufgrund des hohen Druckes entsprechend verhält. Wenn stattdessen eine Vene verletzt wird, fließt das Blut langsam und gleichmäßig aus der Wunde.

Wie funktioniert ein BFR Training?

Die exakten Mechanismen, über die in BFT Training funktioniert, sind noch unklar, die wahrscheinlichste Theorie, auf die sich die meisten Experten einigen konnten, besteht jedoch darin, dass es etwas mit gesteigertem stoffwechseltechnischem Stress zu tun hat.

Muskeln setzen in Reaktion auf ein Widerstandstraining Wachstumsfaktoren und stoffwechseltechnische Abfallprodukte wie Milchsäure (Laktat) in den Blutkreislauf frei. Diese Wachstumsfaktoren und Stoffwechselnebenprodukte werden durch den normalen Blutkreislauf in der Regel schnell abtransportiert. Durch eine Begrenzung des venösen Rückflusses des Blutes verbleiben diese Wachstumsfaktoren und Stoffwechselprodukte bei einem BFR Training über einen längeren Zeitraum im Muskel und haben deshalb mehr Zeit, um mit den entsprechenden Rezeptoren im Muskelgewebe zu interagieren.

Eine Akkumulation von stoffwechseltechnischen Nebenprodukten wie Milchsäure erhöht den intramuskulären Säuregrad und könnte eine Hypertrophie sowie die Ausschüttung von Wachstumshormonen fördern (auch wenn gezeigt werden konnte, dass akute Erhöhungen der Wachstumshormonspiegel die Muskelhypertrophie nicht in signifikantem Umfang beeinflussen, ist dies trotzdem erwähnenswert.).

Der gesteigerte Säuregrad und die Ansammlung von Milchsäure sind für das „Brennen“ im Muskel verantwortlich, das wir alle kennen und lieben.

Doch auch wenn wir dieses Gefühl lieben, liebt es unser Körper nicht.

Unser Körper tut alles, um den Sauerstoffzufluss in diesen Bereich zu erhöhen, um den Säuregrad zu reduzieren und das natürliche Gleichgewicht wiederherzustellen. Er tut dies durch eine Erhöhung der Atemfrequenz und eine Erhöhung des arteriellen, sauerstoffreichen Blutflusses (gesteigerte Blutzufuhr durch eine Weitung der Adern alias Pump), doch er kann dies nur eine Zeit lang tun.

Wenn der Körper nicht länger dazu in der Lage ist, die Atmung oder den Blutfluss ausreichend zu manipulieren, um den Säuregrad des Gewebes auszugleichen, dann erreichen wir einen anaeroben („kein Sauerstoff“) Zustand. Während wir uns durch das Muskelbrennen kämpfen, steigt der Säuregrad im Muskelgewebe immer weiter, bis wir den Punkt des Muskelversagens erreichen. Typ II Muskelfasern werden während dieser anaeroben Phase aktiviert, was wichtig ist, da diese das größte Wachstumspotential besitzen.

Ein Blood Flow Restriction Training erhöht die Menge an sauerstoffarmem Blut im entsprechenden Bereich, was dabei hilft, ein anaerobes Umfeld zu schaffen. Das Resultat? Wir erreichen schneller ein anaerobes Umfeld und dieses hält auch länger an.

Wie funktioniert dies in der Praxis? Wie eng sollte die Manschette sein? Was sind die besten Satz- und Wiederholungsbereiche? Wie oft sollte man auf diese Art und Weise trainieren

Wie bereits erwähnt wurde, sollte sich die Bandage vom entsprechenden Arm oder Bein aus gesehen so nahe am Körper wie möglich befinden. Es ist aufgrund individueller Faktoren wie Umfang des Armes oder Beines, Körperfettanteil, Hautdicke, usw. schwierig, eine optimale Enge oder Straffheit der Bandage zu bestimmen. Studien scheinen jedoch darin überein zu stimmen, dass eine große Einschätzung von 7/10 der wahrgenommenen maximalen Straffheit ein guter Anhaltspunkt sind.

Führe 3 bis 5 Sätze mit 20 bis 50% Deines Maximalgewichts für eine Wiederholung (1 RM Gewicht) bis zum Erreichen des Muskelversagens aus, wobei die Bandage während der gesamten Dauer straff angelegt bleibt. Die Pausenintervalle sollten bei 30 bis 60 Sekunden zwischen den Sätzen liegen. Nach dem letzten Satz öffnest Du die Bandagen und stellst so den Blutfluss zum Muskel wieder her.

Was die Frage angeht, wie oft ein BFR Training ausgeführt werden sollte, besteht meine persönliche Meinung darin, dass BFR Training wie jede andere Intensitätstechnik wie z.B. Rest Pause, absteigende Sätze, usw. verwendet werden sollte, die darauf abzielt, den stoffwechseltechnischen Stress zu erhöhen.

Ist ein BFT Training besser, als einfach nur Gewichte zu bewegen? Schließlich sind Trainierende seit Jahrhunderten einfach nur durch das Bewegen schwerer Dinge muskulöser und stärker geworden… In diesem Zusammenhang sollte man im Hinterkopf behalten, das uns die Wissenschaft nur einen Hinweis in eine bestimmte Richtung gibt, den wir weiter untersuchen können und dass solche neuen Erkenntnisse nicht als das Non-Plus-Ultra angesehen werden sollten, die alles bisherige ersetzen.

Wissenschaftliche Untersuchungen geben uns Trends und Durchschnittswerte, doch wir sind nicht alle gleich. In diesem Zusammenhang sollte erwähnt werden, dass wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass ein BFR Training für eine Muskelhypertrophie effektiver als konventionelles Hypertrophietraining mit entsprechend angepassten Gewichten zu sein scheint.

Dies bedeutet, dass ein BFR Training dieselbe Menge an Hypertrophie wie ein konventionelles Training bewirkt, während signifikant leichtere Gewichte verwendet werden. Es konnte gezeigt werden, dass ein BFR Training die Muskelhypertrophie mit Gewichten im Bereich von 20 bis 30% des 1RM Gewichts steigern kann, was signifikant weniger Gewicht als das ist, was typischerweise für ein konventionelles Training benötigt wird.

Wenn man ein BFR Training mit einem konventionellen Krafttraining vergleicht, dann kommen wissenschaftliche Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass beide Varianten des Trainings ähnliche Auswirkungen auf die Kraft besitzen. Dies bedeutet, dass das Bewegen leichterer Gewichte bei einem BFR Training die Kraft im selben Umfang wie ein konventionelles Training mit schwereren Gewichten steigern kann.

Wenn die Gewichte so angepasst wurden, dass beide Gruppen mit exakt denselben Gewichten trainierten, dann konnte ein BFR Training die Kraft in größerem Umfang als konventionelles Training steigern.

In diesem Zusammenhang sollte jedoch auch erwähnt werden, dass es Studien gibt, die zeigen, dass ein BFR Training konventionellem Training unterlegen ist, wenn es um eine Steigerung der Kraft geht. Wissenschaftliche Untersuchungen unterstützen, dass, wenn es um Kraft geht, die Spezifität des Trainings der Schlüssel ist.

Und was ist das Fazit zum Thema Kraft? Wie ein altes Sprichwort im Bereich des Krafttrainings besagt, gilt „Wenn Du schwere Dinge heben willst, dann musst Du schwere Dinge heben.“

BFR Training hat auch im Bereich der Therapie und des Rehabilitationstrainings vielversprechende Resultate gezeigt.

Wissenschaftliche Untersuchungen konnten zeigen, dass Probanden erhöhte Serum Wachstumshormonspiegel, eine gesteigerte Größe der Oberschenkelmuskeln und gesteigerte isometrische 1RM erlebten, nachdem sie lediglich auf dem Laufband mit an den Beinen angelegten BFR Bandagen gegangen waren.

Untersuchungen zeigen außerdem, dass ein Training mit BFR Bandagen nach einer Wiederherstellungsoperation des Kreuzbandes im Vergleich zu einer konventionellen Therapie zu einer besseren Aufrechterhaltung der Kraft und weniger Muskelatrophie führte. Eine bessere Aufrechterhaltung der Kraft und weniger Atrophie konnten auch beobachtet werden, wenn ein BFR Training in der Phase nach einer Immobilisierung des Fußgelenks zum Einsatz kam.

Es scheint so, als ob es sich bei einem BFR Training um ein effektives Werkzeug mit einer großen Bandbreite an möglichen Anwendungsfällen handeln könnte. Variablen wie Schnellkraft, Geschwindigkeit, Ausdauer, usw. bedürfen jedoch noch weiterer Untersuchungen.

Ist ein BFR Training sicher und unbedenklich?

Du solltest die Verwendung eines BFR Trainings sicherheitshalber mit einem qualifizierten Arzt im Voraus absprechen. Kontraindikationen für ein solches Training umfassen eine Vorgeschichte an Venenthrombose, Schwangerschaft, Krampfadern, hohen Blutdruck und Herz-Kreislauf Erkrankungen.

Exzessiver Blutdruck und eine länger andauernde Ischämie (reduzierter Blutfluss) können zu einer Nekrose (Zelltod) von Körpergewebe führen. Auch wenn die BFR Richtlinien, die in diesem Artikel beschrieben wurden, keinen exzessiven Druck verwenden und der verwendete Druck nicht über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten wird, solltest Du trotzdem vorsichtig sein.

Beende das Training sofort und kontaktiere sofort einen Arzt, falls Du starke Schmerzen, Schwindel, Übelkeit oder ein taubes/kribbelndes Gefühl in den entsprechenden Bereichen verspürst.

Behalte im Hinterkopf, dass jedes Training im Fitnessstudio ein gewisses Risiko mit sich bringt. Wenn es nicht ausreichend respektiert oder richtig durchgeführt wird, kann fast alles schädlich oder gefährlich sein. Selbst bei Verwendung einer perfekten Form des Trainings besteht immer ein gewisses Verletzungsrisiko.

Was ist das, was Du aus diesem Artikel an Informationen mitnehmen solltest?

  • Bei einem BFR Training besteht das Ziel darin, Erschöpfung, eine Ansammlung von Blut und ein Muskelbrennen schneller und mit weniger Gewicht/Arbeit zu erreichen.
  • Umwickle den Teil Deines Armes oder Beines so nahe wie möglich am Rumpf (unter der Schulter und hoch am inneren Oberschenkel) mit einem Druck, der etwa 7/10 des selbst bewerteten maximalen Druckes entspricht.
  • Führe 3 bis 5 Sätze bis zum Muskelversagen mit 20 bis 50% Deines Maximalgewichts für eine Wiederholung (1RM Gewicht) aus, wobei der Muskel die gesamte Zeit abgebunden bleibt.
  • Die Pausenintervalle zwischen den Sätzen sollten bei 30 bis 60 Sekunden Dauer liegen.
  • Entferne nach dem letzten Satz die Bandage und stelle so den Blutfluss zum Muskel wieder her.
  • Auch wenn gezeigt werden konnte, dass ein BFR Training Hypertrophie und Kraft steigern kann, scheint es eine stärkere positive Auswirkung auf die Hypertrophie als auf die Kraft zu besitzen. Wenn es um eine maximale Entwicklung der Kraft geht, dann könnte es effektiver sein, bei einem traditionellen Training mit schweren Gewichten zu bleiben.
  • Ein BFR Training scheint sicher und unbedenklich zu sein. Vor der ersten Ausführung eines solchen Trainings solltest Du jedoch trotzdem einen Arzt konsultieren.

 

 

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