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Vitamin B3

Nicotinsäure ist ein wasserlösliches Vitamin. Die Bezeichnungen Vitamin B3 oder PP-Faktor (Pellagra-Preventingfaktor) für Nicotinsäure gelten heute als veraltet und überholt. Weitere Synonyme für Nicotinsäure sind Niacin, Pyridin-3-Carbonsäure. Der Begriff Niacin bezieht sich dabei sowohl auf die Nicotinsäure selbst, als auch auf ihr Aminderivat Nicotinamid. Die Nicotinsäure wurde 1936 entdeckt und ist ein essentielles Vitamin. Es ist ein farbloses bis leicht gelbliches Pulver mit der Summenformel C6H5NO2. Die E-Nummer der der Nicotinsäure lautet 375, die CAS-Nummer 59-67-6.

Nicotinsäure findet sich in allen lebenden Zellen und wird in der Leber gespeichert. Es bildet einen wichtigen Baustein verschiedener Coenzyme und wirkt wie ein Auslöser, ohne den es keinen richtigen Stoffwechsel und keine Resorption von Eiweiß, Fetten und Kohlenhydraten gibt. Gegenüber Hitze, Licht und dem Luftsauerstoff ist Nicotinsäure weniger empfindlich als andere Vitamine der B-Gruppe. Nicotinsäure ist wasserlöslich. Die Dichte beträgt 1,473 g/cm³. Es schmilzt bei 235 bis 237 °C und sublimiert bevor es sieden kann. Die Molmasse beträgt 123,11 g/mol.

Biosynthese

Es gibt zwei Formen der Biosynthese der Nicotinsäure. Einmal kann Glycerinaldehydphosphat mit Asparaginsäure über einen Schritt zur Nicotinsäure umgewandelt werden, die andere Biosynthese erfolgt vom Tryptophan über Kynurenin zur Nicotinsäure.

Aufgabe/Funktion

Nicotinsäure trägt, neben der Hauptaufgabe bezüglich der verschiedenen Stoffwechsel, wie dem Eiweiß-, Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel, zur Energiegewinnung bei. Es hat eine antioxidative Wirkung und ist an vielen enzymatischen Vorgängen beteiligt. Nikotinsäure ist wichtig für die Regeneration der Haut, Muskeln, Nerven und DNA.

Wichtige Wirkmechanismen von Niacin

  • Niacin reduzierte hs-CRP bei Patienten, die oral einen Monat lang mit Niacin behandelt wurden (22).
  • Niacin reduziert die apoB-100 Produktion (23).
  • Niacin erhöht die Adiponectin Spiegel (24).
  • Niacin erhöht die Leptinspiegel (24).
  • Niacin erhöht die Spiegel von Ketonen (25).
  • Niacin reduziert die HIF-1a Expression (26).
  • Niacin erhöht die PPARa und PPARy Expression in Adipozyten (26).

Potentielle Gesundheitsvorzüge

Niacin kann die LDL Cholesterinspiegel senken

Niacin wird seit den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts zur Behandlung hoher Cholesterinspiegel verwendet (1). In der Tat konnten Studien zeigen, dass Niacin die Spiegel des schlechten LDL Cholesterins um 5 bis 20% senken kann (2, 3). Aufgrund seiner möglichen Nebenwirkungen gehört Niacin jedoch nicht zu den primären Behandlungsmethoden für hohe Cholesterinspiegel (4). Es wird deshalb primär zur Senkung der Cholesterinspiegel bei Patienten eingesetzt, die Statine nicht vertragen (5).

Niacin kann die HDL Cholesterinspiegel erhöhen

Zusätzlich dazu, dass es die Spiegel des „schlechten“ LDL Cholesterins senken kann, erhöht Niacin auch die Spiegel des „guten“ HDL Cholesterins. Studien zeigen, dass Niacin die LDL Spiegel um 15 bis 35% erhöhen kann (6).

Niacin kann die Triglyzeridspiegel im Blut senken

Niacin kann auch die Triglyzeridspiegel im Blut um 20 bis 50% senken (6). Es tut dies, indem es die Aktionen eines Enzyms stoppt, das an der Triglyzeridsynthese beteiligt ist (7). In Folge dessen reduziert dies auch die Produktion von sowohl LDL, als auch VLDL. Um diese Wirkungen auf die Cholesterin- und Triglyzeridspiegel zu erreichen, werden therapeutische Niacin Dosierungen benötigt (7).

Niacin kann dabei helfen Herzkrankheiten zu verhindern

Die Auswirkungen von Niacin auf die Cholesterinspiegel könnten dabei helfen, Herzkrankheiten zu verhindern, doch neuere Untersuchungen legen nahe, dass es noch einen zusätzlichen Mechanismus gibt, über den Niacin positive Auswirkungen auf die Herzgesundheit besitzt. Niacin kann dabei helfen, oxidativen Stress und Entzündungen zu reduzieren – beides Faktoren, die an einer Arteriosklerose oder Verhärtung der Arterien beteiligt sind (7). Einige Untersuchungen deuten darauf hin, dass eine Niacin Therapie – entweder für sich alleine oder in Kombination mit Statinen – dabei helfen könnte, das Risiko für Herzprobleme zu reduzieren, die mit Herzkrankheiten in Verbindung stehen (8). Die Studienergebnisse sind jedoch durchwachsen. Ein kürzlich veröffentlichtes Review kam zur Schlussfolgerung, dass Niacin nicht dabei helfen kann das Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle oder den Tod von Menschen mit Herzkrankheiten oder einem erhöhten Risiko signifikant zu reduzieren (5).

Niacin könnte dabei helfen Typ 1 Diabetes zu behandeln

Typ 1 Diabetes ist eine Autoimmunkrankheit, bei der der Körper Insulin produzierende Zellen der Bauchspeicheldrüse attackiert und zerstört. Es gibt Untersuchungen, die nahe legen, dass Niacin dabei helfen könnte, diese Zellen zu schützen und sogar das Risiko für Typ 1 Diabetes senken könnte (9, 10). Bei Menschen mit Typ 2 Diabetes könnte die Rolle von Niacin komplizierter sein. Auf der einen Seite kann es dabei helfen, die hohen Cholesterinspiegel zu senken, die häufig bei Typ 2 Diabetikern beobachtet werden können (11). Auf der anderen Seite besitzt Niacin das Potential, die Blutzuckerspiegel zu erhöhen. Als Resultat hiervon sollten Menschen, die Niacin zur Behandlung hoher Cholesterinspiegel verwenden, ihre Blutzuckerspiegel genau überwachen (11).

Niacin kann die Gehirnfunktion verbessern

Das Gehirn benötigt Niacin – als Teil der Coenzyme NAD und NADP – um Energie zu bekommen und korrekt zu funktionieren. In der Tat werden eine eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit und psychiatrische Symptome mit einem Niacinmangel in Verbindung gebracht (12). Einige Typen von Schizophrenie können mit Niacin behandelt werden, da dieses dazu in der Lage ist, die Schäden an Gehirnzellen zu reparieren, die als Resultat eines Mangels zustande kommen (13). Vorläufige Untersuchungsergebnisse zeigen, dass Niacin auch dabei helfen könnte, das Gehirn im Fall einer Alzheimer Erkrankung gesund zu halten. Die Resultate sind jedoch durchwachsen (14, 15).

Niacin kann die Hautfunktion verbessern

Niacin hilft dabei, die Hautzellen vor Schädigungen durch die Sonne zu schützen – und zwar unabhängig davon, ob es oral eingenommen oder als Lotion auf die Haut aufgetragen wird (16). Aktuelle Untersuchungen legen nahe, dass Niacin auch dabei helfen könnte, einige Typen von Hautkrebs zu verhindern (17). Eine Studie fand heraus, dass die Einnahme von 500 mg Nikotinamid – eine Form von Niacin – zweimal täglich die Rate von nicht Melanom Hautkrebs bei Hochrisikopatienten reduzieren kann (17).

Niacin könnte die Symptome von Arthritis reduzieren

Im Rahmen einer ersten Studie half Niacin dabei, einige Symptome von Osteoarthritis zu lindern, die Beweglichkeit der Gelenke zu verbessern und den Bedarf an nicht-steroidalen Entzündungshemmern zu reduzieren (18). Eine andere mit Laborratten durchgeführte Studie fand heraus, dass eine Niacin Injektion Entzündungen reduzierte, die mit Arthritis in Verbindung stehen (19). Doch auch wenn diese Resultate vielversprechend sind, bedarf es weiterer Untersuchungen.

Niacin kann zur Behandlung von Pellagra verwendet werden

Ein schwerer Niacinmangel führt zu einer Krankheit, die als Pellagra bezeichnet wird (20, 21). Aus diesem Grund ist eine Niacin Supplementation die Hauptbehandlung für Pellagra. Ein Niacinmangel ist in der westlichen Welt selten. Er kann jedoch zusammen mit anderen Krankheiten wie Alkoholismus oder Anorexie zustande kommen.

Vorkommen

Natürliche Lieferanten von Nicotinsäure sind hochwertige Eiweißnahrungsmittel, wie Geflügel, Wild, Fisch, Pilze, Milchprodukte und Eier. Auch Leber, Kaffee, Vollkornprodukte, verschiedene Gemüse und Obst enthalten Nicotinsäure, wobei es aus tierischen Produkten grundsätzlich besser vom Organismus verwertet wird. Veganer decken ihren Bedarf beispielsweise mit Erdnüssen, Weizenkleie, Datteln, Champignons, Bierhefe, getrockneten Aprikosen und Hülsenfrüchten. Um den durchschnittlichen Tagesbedarf bei Nicotinsäure zu decken, reichen beispielsweise folgende Mengen der betreffenden Lebensmittel aus:

  • 100 g Rindfleisch
  • 150 g Putenfleisch
  • 300 g Champignons

Mangelerscheinungen (Hypovitaminose)

Mangelsymptome treten selten auf, da der Körper Nicotinsäure aus der Aminosäure Tryptophan bilden kann. Durch eine eiweißarme Ernährung oder durch Absorptionsstörungen kann es zunächst zu unspezifischen Störungen wie Appetitlosigkeit, Konzentrations-und Schlafstörungen sowie einer gewissen Reizbarkeit kommen. Symptome bei Nicotinsäuremangel sind weiterhin:

  • Hautveränderungen Dermatitis
  • Durchfall
  • Depressionen
  • Entzündung der Mund- und Magen-Darmschleimhäute
  • Gedächtnisstörungen,
  • verminderte Leistungsfähigkeit

Ausgeprägte Symptome bei Niacinmangel äußern sich mit dem Krankheitsbild Pellagra. Bei dieser Krankheit verändern sich Haut und Schleimhäute. Dies zeigt sich durch:

  • Glossitis (Himbeerzunge),
  • Zungenbrennen,
  • übermäßige Pigmentierung und
  • Veränderungen der Haut - besonders der Stellen, die dem Sonnenlicht ausgesetzt sind.

Das Auftreten dieser Krankheit steht im Zusammenhang mit der Einführung des Mais in Europa. In den Ursprungsländern der Azteken und Mayas wurde der Mais nach der Ernte üblicherweise in Kalkwasser gelegt, um das Niacin im Mais freizusetzen. Von den spanischen Eroberen wurde der Mais nach Europa, Nordamerika und Afrika gebracht, ohne diese Technik zu beachten. Die Folge war, dass bei ganzen Bevölkerungsschichten, bei denen Mais als Hauptnahrungsquelle galt, Niacin-Mangelerscheinungen auftraten.

Folgen einer Überdosierung (Hypervitaminose)

Von einer Überdosierung spricht man bei der Nicotinsäure bei 1,5 bis 3 g Dosierung pro Tag. Bei einer Zufuhr von über 500 mg pro Tag kommt es zum hautgefäßerweiternden Effekt Flush und bei einer Menge von über 2500 mg pro Tag kann der Blutdruck sinken, können Schwindelgefühle auftreten und ein erhöhter Harnsäuregehalt im Blut auftreten.

Sicherheit und Nebenwirkungen

Es besteht keine Gefahr, wenn Niacin in den Mengen konsumiert wird, die sich in der Nahrung wiederfinden (27). Erhöhte Dosierungen in Supplementform können jedoch Nebenwirkungen inklusive Übelkeit, Erbrechen und eine Lebertoxizität mit sich bringen (26).

Folgendes sind die am weitesten verbreiteten Nebenwirkungen von Niacin Supplements:

  • Hautrötungen: Nikotinsäure Supplements können Hautrötungen im Bereich von Gesicht, Brust und Hals als Resultat einer Weitung der Adern verursachen. Es kann außerdem zu einem kribbelnden oder brennenden Gefühl oder Schmerzen kommen (28, 29).
  • Reizungen des Magens und Übelkeit: Übelkeit, Erbrechen und Magenirritationen können in Reaktion auf Niacin Supplements zustande kommen, was insbesondere dann gilt, wenn Niacin mit verzögerter Freisetzung eingenommen wird. Niacin scheint außerdem mit erhöhten Leberwerten in Verbindung zu stehen (30).
  • Leberschäden: Eine Langzeitbehandlung hoher Cholesterinspiegel mit Niacin könnte zu Leberschäden führen. Diese Schäden scheinen bei einer Verwendung von Niacin Supplements mit zeitversetzter Freisetzung weiter verbreitet zu sein, können jedoch auch bei Supplements mit sofortiger Freisetzung auftreten (31, 32).
  • Blutzuckerkontrolle: Hohe Niacin Dosierungen im Bereich von 3 bis 9 Gramm pro Tag werden sowohl bei kurzfristiger, als auch bei langfristiger Anwendung mit einer beeinträchtigen Blutzuckerkontrolle in Verbindung gebracht (33, 34).
  • Gesundheit der Augen: Eine seltene Nebenwirkung sind verschwommenes Sehen und andere negative Auswirklungen auf die Gesundheit der Augen (35).
  • Gicht: Niacin kann die Harnsäurespiegel im Körper erhöhen, was zu Gicht führen kann (36).

Nicotinsäure als Medikament

Nicotinsäure wird als Fettsenker eingesetzt, um der Arteriosklerose vorzubeugen. Dabei senkt Nicotinsäure in einer Dosis von 500 - 1000 mg / Tag den LDL Wert des Cholesterins, es erhöht den HDL Wert und erniedrigt die Triglyzeride. Die Gabe von Nicotinsäure wurde bisher durch seine Nebenwirkungen (Flush) begrenzt. Durch eine retardierte Form und eine abendliche Einnahme ist es besser verträglich geworden. Eine große Studie, die den lebensverlängernden Effekt von Nicotinsäure beweist, steht noch aus.

Bedarf

Eine exakte Festlegung des Niacinbedarfs gestaltet sich schwierig. Da aus Tryptophan Niacin gebildet werden kann und bei dessen Umwandlung mehrere Vitamine (Riboflavin, Pyridoxin und Folsäure) beteiligt sind. Die Funktion des Vitamins bei der Energiegewinnung beeinflusst ebenfalls den Niacinbedarf. Als Leitwert gilt pro 1000 kcal 6,7 mg. Demnach empfiehlt die DGE eine Gesamtaufnahme bei erwachsenen Männern 18 mg und bei Frauen 15 mg pro Tag.

Bedarf im Sport

30-300mg pro Tag, mehrmals täglich zu den Mahlzeiten einnehmen.

Referenzen

  1. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/14350806
  2. http://jamanetwork.com/journals/jamainternalmedicine/fullarticle/216937
  3. http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0002914998004482
  4. http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0149291815011029
  5. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27793642
  6. http://jamanetwork.com/journals/jamainternalmedicine/fullarticle/216937
  7. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18375237
  8. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/14558989
  9. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15132730
  10. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23231526
  11. http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0261561414002477
  12. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25324641/
  13. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25855923
  14. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23312803/
  15. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24965307/
  16. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20354654
  17. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26488693
  18. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8841834
  19. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16848229
  20. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK114304/
  21. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20332283
  22. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4804877/
  23. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4773474/
  24. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16887123
  25. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9927497
  26. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27164826
  27. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK114304/
  28. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19691622
  29. http://www.cdc.gov/mmwr/preview/mmwrhtml/00000095.htm
  30. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/3547004
  31. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/3680913
  32. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1003039/
  33. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/5378103
  34. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8357290
  35. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC505021/
  36. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/2070427